Wir müssen reden. Ganz dringend. Im wörtlichen Sinne.
Es gibt Dinge, vor denen man Angst hat, sie auszusprechen. Seiner Freundin zu sagen, dass da keine Liebe mehr ist. Seinem Chef die Kündigung vorzutragen. Oder dem Gegenüber zu vermitteln, dass er eine Suppennudel im Gesicht hat – Nein, sagen Sie jetzt nichts!
Und wir ahnen bereits, dass wir uns mit diesem Text nicht nur Freunde machen werden. Aber jetzt reicht‘s mal.
Ehrlicher Fußball
Im Prinzip läuft beim SV Meppen gerade alles optimal. Die Gefühlswelt ist geographisch wohl nahe an Wolke 7 zu finden. Und das liegt nicht, zumindest nicht nur, am sechsten Tabellenplatz und den drei Siegen aus den letzten drei Spielen. Nein. Es liegt an der Art, wie diese Mannschaft Fußball spielt.
Das ist nicht immer schön, aber immer ehrlich. Ein bisschen historisch. Denn genau dort, wo unsere Ahnen das Moor kultivierten, kämpfen heute elf Männern um jeden Quadratzentimeter Boden. Der emsländische Fußball ist dreckig, matschig und im Notfall – wussten schon unseren Vorfahren – brennt’s.
Es wird nur dann schön, wenn sich Räume für ein direktes, vertikales Spiel ergeben. Schnelle Pässe in den Rücken der Abwehr, zwei oder drei Stationen bis zum Tor. Das ist Meppener Ästhetik. Muss man mögen. Wir tun das.
In den vergangenen Wochen hat sich der SVM einen Ruf erarbeitet, dass kein Gegner noch glücklich ist, wenn auf dem Spielplan steht: Meppen. Denn dann geht’s zur Sache.
Rostock und Jena
Zur Folge hat das, dass die Fans anderer Vereine nach Spielschluss nicht immer begeistert sind. Weil es, im wahrsten Sinne, auf die Schnauze gab. Aber auch, weil es der SV Meppen z.B. in Jena und Rostock auch für Diskussionen gesorgt hat über deren Interpretation zumindest diskutiert werden darf. Der Ruf einer Schauspielertruppe, die mit zweierlei Maß misst, war geboren.
Der Verein, auch die von uns schon gescholtene Social-Media-Abteilung, hat das erkannt. Und nicht noch mehr Öl ins Feuer gegossen. Strittige Szenen nicht noch aktiv herausgestellt. Und auch auf Nadelstiche gegen Gegner verzichtet. Denn der SV Meppen ist glücklich, im Konzert der Großen auch eine kleine Geige spielen zu dürfen. (Über Flammensymbole und den Einsatz von Ausrufezeichen kann an dieser Stelle ja trotzdem gestritten werden).
Also, alles gut? Könnte man denken. Und geht ins Internet.
Da ist es – Pardon – zum Kotzen. Jede noch so kleine Stichelei in den Kommentarspalten einschlägiger Seiten wie liga3-online.de, NDR oder dem eigenen Fanforum wird von einer Horde Meppener Internetsheriffs dankend angenommen. Jede Kritik unisono abgewiesen.
Stumpf ist Trumpf
Danach wird zurückkommentiert, bessergewusst und beleidigt inklusive Ossi-Klischees und Selber-Selber-Spruchbändern, bis auch der letzte Anhänger eines anderen Vereins niedergeschrieben und belehrt wurde, dass der SV Meppen unantastbar ist. Auf jeden Zug muss aufgesprungen werden. Kommt die Kritik aus den eigenen Reihen, dann wird sich notfalls mit der Anzahl an gesehenen Oberligaauswärtsspielen gemessen, das es eine einzige Fremdscham ist.
Nun, vielleicht ist das in der heutigen Zeit einfach so. Vielleicht lässt sich das gar nicht verhindern. Aber muss man sich damit zufrieden geben, dass das öffentliche Ansehen des SV Meppen durch einige Personen im Internet massiv geschädigt wird? Eher nicht.
Denn es liegt in der Natur der Sache, dass der Verein durch seine Spielweise polarisiert. Dass das nicht allen gefällt. Und bestimmte Szenen auch durch die eigenen Anhänger kritisch hinterfragt werden. Der Meppener Fußball ist ehrlich. Wunderschön. Nicht, oder nur äußerst selten, unfair. Das gilt es zu vermitteln.
Verein ist das, was man aus ihm macht
Seit dem Aufstieg verändert sich der Verein rasant. Weil er zurück ins Blickfeld der Fußball-Republik geraten ist. Die Mannschaft überzeugt mit einer ehrlichen Spielweise, manchmal am Rande der Legalität, aber mit Herz und Bescheidenheit, dass sich jeder identifizieren kann. Doch auch die Menschen rund um den Verein gestalten ihn, sowohl als auch, mit.
Die Internetrambos des Vereins sollten sich deshalb endlich ein Vorbild nehmen. Mal überlegen, inne halten – Nein, sagen Sie jetzt einfach mal nichts, verdammt!
T.A.