Eine Saison ist immer auch ein Prozess. Ein Prozess, in der eine Mannschaft verschiedene Entwicklungsschritte durchläuft. Umjubelte Triumphe gehören ebenso dazu, wie bittere Rückschläge. Der 3:2-Sieg über den Chemnitzer FC war ein eben solcher weiterer und neuer Schritt. Wir sagen: Hut ab.
Übertölpelt in Rekordzeit
18 Sekunden waren gespielt, da klingelte es durch Björn Kluft bereits im eigenen Kasten. Übertölpelt in Rekordzeit. Nach eigenem Anstoß. Wieder ein frühes Gegentor. Wie in Halle – in beiden Halbzeiten.
Doch das Team zeigte sich nicht geschockt. Im Gegenteil. Die erste Halbzeit war gewiss kein Glanzstück, doch Meppen hatte meist den Ball und wartete ruhig und geduldig auf sich bietende Chancen. Nicht kopflos, nicht unkonzentriert. Lücken waren in der Chemnitzer Hintermannschaft in der ersten Halbzeit aber fast nicht zu finden. Nur einmal wurde es wirklich im Sechzehner gefährlich, ansonsten blieb es bei Meppener Versuchen aus der zweiten Reihe.
Von fehlender Durchschlagskraft war aber spätestens nach dem Seitenwechsel nichts mehr zu spüren. Dass es einen Standard zum Ausgleich brauchte – geschenkt. Ob Girth an der Hereingabe von Leugers dran war? Völlig egal. Sechs Minuten später war Girth in jedem Fall am Ball – und drehte das Spiel.
Himmelhoch jauchzend, zu Tode betrübt.
Die Kulisse war endgültig da. Meppen hatte das Spiel jetzt im Griff – so schien es. Doch der Gast schlug mit deren bestem Angriff der Partie nur drei Minuten später zurück. Slavov musste nur noch einschieben. Zu himmelhoch jauchzend, zu Tode betrübt.
Niemand der über 6000 Zuschauer hätte vermutlich gegen ein Remis etwas einzuwenden gehabt. Aber die Mannschaft ließ sich auch nach dem neuerlichen Nackenschlag nicht beirren und spielte weiter nach vorne. Wohlwissend, dass man so die Zuschauer in Meppen abholt. Im Emslandstadion wird offensiv gedacht. Immer wieder kombinierte das Team gut, ließ Ball und Gegner laufen, fightete um jeden Zentimeter. Für sich. Für die Zuschauer. Und spürbar für den Trainer, der unter der Woche einen schweren Schicksalsschlag verkraften musste. Stellvertretend für die ganze Mannschaft sei Ballmert als nimmermüder Dauerläufer hervorgehoben, der seine überragende Vorstellung im defensiven Mittelfeld mit einer Sahne-Vorlage zum 2:1 krönte.
Die offensive Ausrichtung brachte Chemnitz natürlich Räume und Möglichkeiten zum Kontern. Gebers und Vidovic blieben jedoch auch im direkten Duell Mann gegen Mann immer wieder ruhig und souverän. Gegen den imposanten Slavov musste zwar auch Vidovic mal das ein oder andere Kopfballduell verlieren, doch dann war Domaschke auf dem Posten.
Volleyabnahme hinein ins Glück
All die Mühe wurde belohnt. Langer Ball auf Girth. Der eingewechselte Deters, der mehr als deutlich gezeigt hat, auch in der 3. Liga eine Bereicherung sein zu können, gewinnt den zweiten Ball. Ball raus auf links. Flanke Vrzogic. Girth löst sich im richtigen Moment von Trapp. Volleyabnahme hinein ins Glück. 3:2, Deckel drauf.
Von der Emotionalität steht dieser Sieg den Erfolgen gegen Osnabrück und in Rostock kaum nach. Trotz erneuter Personalsorgen und frühem Rückschlag fährt das Team den vierten Heimsieg in Serie ein. Reifeprüfung? Bestanden.
H.N.
Foto: Nikita Teryoshin / 11Freunde